Zum zweiten Mal besuchte Jonathan Reusch aus Brechen die Gandhi-Kinderhilfe in Jemo in West-Bengalen. Der Verein mit Sitz in Bad Camberg betreibt dort eine Einrichtung für Waisenkinder. Außerdem werden Jugendliche und hilfsbedürftige Erwachsene sowie Behinderte unterstützt. In der NNP erzählt der 22-Jährige von seiner Reise.
Im Jahr 2014 hatte Jonathan Reusch (22) das Heim der Gandhi-Kinderhilfe in der Nähe von Kalkutta zum ersten Mal besucht. Im Rahmen eines sechswöchigen Praktikums sammelte er damals viele Eindrücke. Seitdem war ihm klar, dass sein erster Besuch in Indien nicht sein letzter gewesen sein sollte. Nachdem er im April seinen Bachelor in Wirtschaftsingenieurwesen abgeschlossen hatte, war es endlich wieder so weit.
„Schon bei meiner Ankunft in Kalkutta wurde mir klar, dass sich in dreieinhalb Jahren einiges verändert hat“, erzählt er weiter. Zahlreiche Uber-Taxen bahnten sich ihren Weg durch das Verkehrschaos der Großstadt. Auch in Indien sind Trends aus dem Westen angekommen, stellte der Student aus Deutschland fest. „Es fühlte sich super an, nach über drei Jahren erneut zu Besuch zu sein. Im Haus des Vorsitzenden der Gandhi Kinderhilfe, Bidhan Roy, angekommen, wurde mein erster Eindruck der Veränderungen bestätigt“, erzählt Jonathan. Das Gebäude sei ein weiteres Stück an die westlichen Standards angepasst worden. Mittlerweile ist auch ein Kindergarten integriert. „Etwa 30 Kinder dürfen dort im Garten spielen und so den alltäglichen Kampf ums Überleben hinter sich lassen.“
Bildung für Mädchen
Jonathan Reusch unternahm zunächst einige Ausflüge mit anderen Studenten, bevor es für ihn weiter ging nach Jemo in das Kinderheim der Gandhi-Kinderhilfe. Auch dort war er von den Veränderungen positiv überrascht: Das Gebäude hatte einen neuen Anstrich bekommen, ein Dach war zum Balkon umfunktioniert und ein neuer Hindu-Tempel errichtet worden. Die wichtigste Neuerung aber ist das Ausbildungszentrum für ältere Mädchen, das dort entstanden ist. „Während es in unserer Kultur selbstverständlich ist, dass junge Frauen einer Ausbildung nachgehen oder studieren, ist dies in Indien ein Privileg und leider erwähnenswert“, berichtet Jonathan. Es werden drei verschiedene Ausbildungen angeboten. Zur Auswahl stehen die Berufe der Krankenschwester, der Kosmetikerin und der Schneiderin. Durch die Integration dieses neuen Hauses werde somit der Grundstein dafür gelegt, dass die jungen Frauen nach Abschluss der Schule nicht dem Schicksal der Zwangsheirat verfallen müssen. Das neue Zentrum ist übrigens nicht nur den Bewohnern des Kinderheims zugänglich, sondern bietet allen jungen Menschen aus der Region um Jemo die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen.
Schulabschluss für jeden
Die Mädchen und Jungen des Kinderheims werden beim Lernen professionell unterstützt. „Während 2014 noch die älteren Mädchen und Jungen den jüngeren Bewohnern Nachhilfe gaben, kommen nun morgens und abends Lehrer“, erzählt Jonathan. Dadurch erreichen deutlich mehr Kinder den angestrebten Schulabschluss. Alle haben so die Chance, später einen Beruf zu erlernen und ein geregeltes Einkommen zu erzielen. „Das ist in Indien alles andere als selbstverständlich“, hat der Gast aus Brechen erfahren. Als schönste Erfahrung beschreibt der 22-Jährige „die Dankbarkeit und das Strahlen der Kinder“. Ihnen sei sehr bewusst, dass sie großes Glück haben, Teil der Familie der Gandhi-Kinderhilfe zu sein. Dass er wiederkommen wird, steht für den Student aus Brechen fest: „Schon jetzt freue ich mich auf meinen nächsten Besuch und bin gespannt auf die Veränderungen, die ich das nächste Mal vorfinden werde“, sagt er.